Auf die Frage "Warum?" konnte oder wollte der Sterbende keine Antwort mehr geben.
Mitte der fünfziger Jahre in Zürich - in einer Atmosphäre, die an die Romane
von Dürrenmatt erinnert: Am 15. April 1954, gegen halb eins, nähert sich
ein Mann einem anderen, um ihn auf offener Straße zu erschießen und sich
anschließend der Polizei zu stellen. Vordergründig betrachtet, handelt
es sich um Mord aus niederen Beweggründen. Offenbar ging es dem Mörder
aber um mehr als um Geld und Erpressung, wie ursprünglich angenommen wurde.
Auch Begriffe wie Rache oder Selbstjustiz treffen den Sachverhalt nur unzulänglich.
Die Gründe für den Mord, den Samek Witos an seinem Landsmann Janek Klaymann
verübt hat, sind in der Vergangenheit der beiden rätselhaften polnischen
Juden zu suchen und weisen in die Zeit des Zweiten Weltkriegs und in das
Berlin der Nachkriegszeit. Kriminelle und Schwarzmarkthändler bestimmen
die Atmosphäre, Deutsche, Amerikaner, Russen, Briten und Franzosen bevölkern
die geteilte Stadt - nicht zu vergessen tausende Flüchtlinge aus dem Osten,
vor allem Polen. Hier entsteht die Feindschaft, in deren Verlauf Samek
Witos seinen Glaubensgenossen Janek Klaymann rund um den Glosbus verfolgt
und in Zürich schließlich hinrichtet. Dieser ungewöhnliche Fall hat die
Schweizer Öffentlichkeit zwischen 1954 und 1956 beschäftigt. Wolf Littmann
hat daraus einen dokumentarischen Roman gemacht, mit dem das jüdische Schicksal
in der wohlbehüteten Schweiz wie im zerstörten Deutschland der Nachkriegszeit
beleuchtet wird.